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AP-Pressemeldung
vom 1. Januar 2006, 10.43 Uhr:

Bund Deutscher Juristen fordert Aussagen unter «leichter Folter»

Karlsruhe (AP) Der Bund Deutscher Juristen hat eine Abkehr vom bisherigen Folterverbot gefordert. «Die Gewinnung von Aussagen mittels leichter Foltermaßnahmen und die Verwertung solcher Aussagen sind zukünftig möglich zu machen», sagte der Vorsitzende des BDJ, Claus Grötz, der auch Strafrichter am Bundesgerichtshof ist, in einer am Sonntag verbreiteten Erklärung.

«Das Leben unschuldiger Opfer besitzt einen höheren Wert als die körperliche Integrität von Verbrechern. Wir müssen jetzt Tabus brechen», fügte er hinzu. Zur Terroristenverfolgung sagte Grötz: «Wir müssen auch nachrichtendienstliche Erkenntnisse aus Ländern nutzen, die foltern. Denn wer gegen die Interessen des deutschen Volkes kämpft, verspielt seine staatsbürgerlichen Rechte. Es ist nicht zumutbar, dass jede Aussage auf die Goldwaage gelegt wird. Hier wird auch ein Umdenken des derzeitigen Verfassungsrichters Papier sowie eine Änderung des Grundgesetzes notwendig sein.

Grötz forderte eine offene Diskussion des Themas Folter: «Die Zeit der weihnachtlichen Sentimentalitäten ist vorbei.» Der Bund Deutscher Juristen werde sich zukünftig, unter Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze, für dieses Thema einsetzen. «Die rote Linie muss neu gezogen werden.«

»Unsere Behörden stehen unter ungerechtfertigtem moralischen Druck, wie der Fall Gäfgen und die Terroristenverfolgung zeigen», sagte Grötz. Im Fall des wegen Mordes an einem Frankfurter Bankierssohn verurteilten Magnus Gäfgen hatte die Folter-Anordnung des damaligen Frankfurter Polizei-Vizepräsidenten Wolfgang Daschner für große Aufregung gesorgt. Dem Entführer war mit nie gekannten Schmerzen gedroht worden, um das Versteck des entführten Jungen herauszubekommen und damit möglicherweise dessen Leben zu retten. Gäfgen hatte daraufhin das Versteck genannt, der Junge war aber schon tot.

Nach derzeitiger Gesetzeslage ist die Androhung und Anwendung von leichter Folter untersagt. Unter leichter Folter werden laut BDJ Maßnahmen verstanden, die nicht zu einer dauerhaften Schädigung führen und zumeist nicht unter die Folterdefinition von Artikel 1 der UN-Anti-Folter-Konvention fallen. Möglich wären die Androhung von Folter sowie die Anwendung von Schlaf- und Nahrungsentzug, Elektroschocks, pharmakologische Behandlung und ähnlicher Maßnahmen unter ärztlicher Aufsicht, hieß in der Erklärung.

Zuletzt hatte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, davor gewarnt, im Kampf gegen den Terrorismus rechtsstaatliche Prinzipien aufzugeben. Insbesondere lehnte er die Verwendung von Geständnissen ab, die unter Folter gemacht wurden.

http://www.bunddeutscherjuristen.org

 

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